Diese Woche wurde ich gefragt, welche Themen im Bereich des Prozessmanagements für die öffentliche Verwaltung vorausgedacht werden sollten. Eine spannende Frage, bedenkt man, dass viele Kommunen sich noch in der Phase des Aufbaus von grundsätzlichem Prozesswissen befinden. Andere aber schon ganze Prozessbibliotheken aufbauen. Auch für mich ist die Frage nicht ganz unwichtig, beantwortet sie doch die Frage nach den zukünftigen Inhalten meiner Seminare.
Wo genau die Reise hingeht kann natürlich niemand sagen, aber drei Themen möchte ich hier beschreiben, von denen ich denke, dass sie einen vorderen Platz auf den Tagesordnungen der Kommunen bekommen werden. Sollten sie den nicht jetzt schon haben.
Innerkommunale Personalsteuerung bei saisonalen Schwankungen oder unvorhersehbaren Arbeitsspitzen
Saisonale Schwankungen beim Arbeitsaufkommen sind in Kommunalverwaltungen keine Seltenheit. In diesen Bereichen ist das Personal häufig so bemessen, dass in den arbeitsintensiven Phasen, die Bearbeitungszeiten ein erträgliches Maß haben oder eventuelle gesetzliche Anforderungen erfüllt werden können. In den Phasen von geringerem Arbeitsaufkommen ist das gesamte Personal aber weiterhin in dem Bereich tätig. Ich möchte nicht behaupten, dass die Beschäftigten dann nichts mehr zu tun haben. Sicher bleiben andere Dinge in den arbeitsintensiven Monaten liegen die aufgearbeitet werden müssen. Von wirklicher Auslastung kann aber häufig nicht gesprochen werden. Bemessen wir das Personal allerdings in den Phasen geringeren Arbeitsaufkommens, überfordern wir die Mitarbeitenden in der anderen Phase. Diese halten im schlimmsten Fall dem Druck nicht stand und erkranken. Aus welchen Gründen auch immer, eine (strukturelle) Überlastung von Mitarbeitenden muss in jedem Fall vermieden werden.
Eine schon jetzt deutlich zu beobachtende Entwicklung wird dies noch verschärfen. Die Gewinnung von geeignetem Personal. Selbst wenn genug Stellen eingerichtet sind, so ist es keinesfalls gesagt, dass diese auch besetzt werden können. Ohne es empirisch belegen zu können, so würde ich behaupten, dass allein in den Ausländerämtern der Republik eine vierstellige Zahl an Stellen nicht besetzt ist. Damit wir uns verstehen. Ich spreche nicht von Stellen die eigentlich benötigt würden. Ich meine voll beplante Stellen die schlicht nicht besetzt sind.
In der Zukunft werden den Kommunen aufgrund des zunehmenden Sparzwangs und des beschriebenen Fachkräftemangels kaum andere Möglichkeiten bleiben, als den Personaleinsatz präziser zu steuern. In wie weit es zu realisieren ist, Personal unterjährig mit unterschiedlichen Aufgaben zu betreuen wird sich zeigen. Ein Tabu darf der Ansatz aber in keinem Fall sein.
Prozessautomation in Workflowsystemen
Zwischen Flensburg und Lörrach sind Kommunen damit beschäftigt Dokumentenmanagementsysteme (DMS) einzuführen. Viele der Lösungen bringen eine mächtige Workflowkomponente mit. Diese bietet in der Regel die Möglichkeit Prozesse grafisch zu modellieren und in einen Workflow zu überführen. Hier sehe ich insbesondere bei internen Prozessen ein weites Anwendungsgebiet. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass gerade die internen Organisationsprozesse, die sich häufig stark an den organisatorischen Strukturen und den jeweiligen Gepflogenheiten der Kommune orientieren, nicht elektronisch unterstützt und wegen ihrer großen Individualität in den jeweiligen Kommunen, nicht von Fachverfahrensherstellern abgebildet werden. Diese Lücke werden die Workflowkomponenten der DMS’e schließen. Besonders interessant wird hier den Spagat zwischen fachlichen und technischen Modellen zu vollziehen.
Prozessmanagement statt Geschäftsprozessoptimierung
Auf etlichen Kongressen, Symposien oder in Berichten z.B. dem KGSt Bericht 3/2016 „Prozessmodelle erfolgreich nutzen“ wird dargestellt, aus welchen Gründen Prozessmodelle erstellt werden können bzw. wozu Prozessmodelle nützlich sein können. Dies ist alles richtig und ich unterstütze es ausdrücklich. Wichtiger finde ich aber die Organisation als ein Gebilde aus Prozessen zu verstehen und diese von Grund auf so zu organisieren. Prozesse werden häufig in einzelnen Projekten, zu welchem Zweck auch immer, betrachtet. Die Organisation denkt aber in der Regel nicht in Prozessen. Ich möchte nur die Geschäftsverteilungspläne (GVP) als Beispiel anführen. Diese werden in der Regel nicht aus einem fest definierten Aufgabenkatalog erstellt, sondern frei formuliert. Würden wir wirklich in Prozessen denken, so würden die Geschäftsverteilungspläne aus der abschließenden Prozessliste der Kommune erstellt. Im Grunde könnte man sich die GVP „zusammenklicken“. Genauso verhält es sich meines Erachtens nach auch mit Stellenbeschreibungen. Bei Umorganisationen könnte viel präziser gesteuert werden, welche Prozesse und somit Aufgaben und Verantwortung welcher Organisationseinheit zugeordnet werden.
Hier sehe ich noch den größten Handlungsbedarf in den Kommunen. Prozessmanagement als ganzheitlichen Managementansatz zu verstehen und nicht als GPO-Projekt.
Welche Themen rund um das Prozessmanagement werden aus Ihrer Sicht in der nächsten Zeit noch an Fahrt gewinnen? Hinterlassen Sie mir gerne einen Kommentar.