Das Bashing des öffentlichen Dienstes scheint derzeit ein beliebter Volkssport zu sein. So zumindest fühlt es sich an, wenn ich in meine Twitter-Timeline schaue. An manchen Tagen gewinne ich den Eindruck, dass größte Übel, das einen ereilen kann, ist eine Anstellung im öffentlichen Dienst. Darüber hinaus ist die wirtschaftliche Lage und somit auch die Lage auf dem Arbeitsmarkt in Deutschland so gut wie lange nicht. Dennoch ist der öffentliche Dienst laut der aktuellen Studentenstudie von Ernst & Young Deutschlands beliebtester Arbeitgeber unter Schülern und Studenten. Sind Deutschlands Schüler und Studenten Masochisten oder wie konnte es soweit kommen?
Es ist sogar ein deutlicher Vorsprung, den der öffentliche Dienst gegenüber allen anderen Branchen in Bezug auf seine Attraktivität als Arbeitgeber hat. Zwischen ihm als Erstplatzierten und den auf Rang zwei liegenden Kultureinrichtungen liegen satte 19 Prozent. Besonders erwähnenswert dabei ist, dass der öffentliche Dienst im Jahresvergleich am stärksten zugelegt hat. Entweder hat der öffentliche Dienst etwas besonders gut gemacht oder die anderen besonders schlecht.
Der Vergleich mit den Ergebnissen von 2016 zeigt: Die Autoindustrie muss wohl etwas besonders schlecht gemacht haben und hat dadurch massiv an Attraktivität verloren. Fanden vor zwei Jahren noch 22 Prozent der Befragten die Autoindustrie besonders attraktiv, sind es in diesem Jahr nur noch 8 Prozent! Ich denke, es ist nicht weit hergeholt, die jüngsten Skandale der Autoindustrie als Gründe anzuführen. Dies erklärt, warum das Kreuz an dieser Stelle in der Umfrage nicht mehr gemacht wurde, aber warum fällt die Wahl auf den öffentlichen Dienst?
Was ist den Befragten wichtig?
„“Ein sicherer Arbeitsplatz, ein gutes Gehalt und Kollegialität – das ist die Wunschliste der Studenten an ihre künftigen Arbeitgeber.“
Die Jobsicherheit ist der wichtigste Faktor. Damit kann der öffentliche Dienst unbestritten punkten. Einmal auf Lebenszeit verbeamtet, ist es der wohl sichersten Job der Welt. Auf dem zweiten Rang folgt das Gehalt und dessen mögliche Steigerung. In der gleichen Studie wird auch die Höhe des erwarteten Gehaltes abgefragt. Hier landet der öffentliche Dienst auf den hinteren Rängen. Studenten, die einem hohen Gehalt einen hohen Stellenwert bemessen, sollten den öffentlichen Dienst also nichts als attraktiven Arbeitgeber sehen. Schließlich wird noch die Kollegialität als Top-Faktor angeführt. Ich erlebe den öffentlichen Dienst in der Regel als sehr kollegial und kann mir vorstellen, dass der Konkurrenzdruck im öffentlichen Dienst als geringer empfunden wird, als es in der freien Wirtschaft der Fall ist.
Was ist doch nicht so wichtig?
Innovationskraft oder die Möglichkeit zum Home-Office sind Dinge, die regelmäßig gefordert werden, wenn es darum geht, den öffentlichen Dienst als attraktiven Arbeitgeber zu positionieren. Bei Betrachtung der Studienergebnisse, landen diese Faktoren aber auf den hinteren Rängen. Die Dinge, die dem öffentlichen Dienst vermeintlich am meisten fehlen, sind dem Nachwuchs gar nicht so wichtig. Interessant wäre es nun, die (leider viel zu selten vorhandenen) Personalentwicklungskonzepte der öffentlichen Verwaltung auf diese Erkenntnisse hin zu untersuchen.
Welche Schlüsse sind zu ziehen?
Zunächst scheint derzeit für den öffentlichen Dienst ein sehr guter Zeitpunkt zu sein, Personal zu rekrutieren. Dabei sollte der öffentliche Dienst seine vorhandenen Stärken in den Vordergrund stellen. Denn genau diese sind es, die aus Sicht junger Menschen, einen Arbeitgeber besonders attraktiv machen. Insbesondere die Vereinbarkeit von Familie und Beruf als der viert wichtigste Faktor im Hinblick auf die Attraktivität, ist seit jeher eine Stärke des öffentlichen Dienstes. In Rekrutierungskampagnen kann der öffentliche Dienst sich also so präsentieren, wie er ist, und sollte damit Erfolg damit haben.
Verharren im Status Quo?
Dies soll nicht so verstanden werden, dass der öffentliche Dienst im Status Quo verharren sollte. Bei flexiblen Arbeitszeiten und den Möglichkeiten zu eigenverantwortlichem Arbeiten ist durchaus Luft nach oben. Allgemein sollte sich jede Branche den sich verändernden gesellschaftlichen Anforderungen und Umweltbedingen anpassen. Die teils hysterischen Rufe die öffentliche Verwaltung wie ein Start-Up zu organisieren, scheinen der Studie zufolge allerdings unangebracht.