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Wie schafft es ein Computerspiel mit sehr simpler Grafik, ohne wirkliche Story und einem sehr kleinen Budget, eine Millionen Exemplare zu verkaufen und es darüber hinaus bei Steam auf den zweiten Platz der am besten bewerteten Computerspiele zu schaffen? Die Antwort ist ganz einfach: Prozessmanagement!

Seit meiner Kindheit zählen Computerspiele zu meinen Hobbys. Ich bin der Überzeugung, dass Computerspiele die geistigen, motorischen und sozialen Kompetenzen fördern und keinesfalls reine Kindersache sind. Ich möchte hier aber keine Debatte über Sinn und Unsinn von Computerspielen lostreten. Diese Diskussion wird häufig mit viel Emotion, dafür aber umso weniger Sachverstand geführt. Vielmehr möchte ich hier ein Computerspiel vorstellen, welches mehr als 1 Millionen Käufer in den Bann gezogen hat und damit in den Bann des Prozessmanagement.

Was ist Steam?

Steam ist die weltweit größte Spieleplattform. Genaue Informationen gibt es hier.

Um welches Spiel geht es?

Factorio ist eine Produktionssimulation. Die Grafik des Spiels ist sehr simpel gehalten, womit das Spiel selbst auf Laptops mit Onboard-Grafikkarte läuft. Die Story des Spiels ist schnell erklärt: Wir stürzen mit unserem Raumschiff auf einem Planeten ab und haben zum Ziel, eine Rakete zu bauen, um in die Heimat zurückkehren zu können. Uns ist nichts geblieben als eine Spitzhacke, mit der wir die ersten Rohstoffe abbauen können. Von nun an gilt es, eine Produktion aufzubauen, die vollkommen automatisiert in der Lage ist, eine Rakete zu bauen.

Das Grundprinzip

Die ersten Rohstoffe bauen wir noch per Hand ab. Daraus bauen wir die ersten kohlebetriebenen Fördermaschinen, die wir allerdings zu Anfang noch händisch befüllen. Schnell gesellen sich dann aber zwei der Hauptakteure des Spiels hinzu: Fließbänder und Greifarme. Die Güter werden per Fließband zu den Fabriken transportiert und dort von den Greifarmen der Fabrik zugeführt. Die produzierten Waren wiederum werden per Greifarm aus der Fabrik auf ein Fließband gelegt. Damit ist das Grundprinzip des Spiels im Grunde schon erklärt.

Abbildung 1 Die einfachste Art der Produktion. Ein Produkt rein, ein Anderes raus.

Die Forschung

Bevor wir nun aber unsere Rakete bauen können, muss eine Menge an Technologie erforscht werden. Dies machen wir in Laboren, die wir ständig mit Wissenschaftspaketen bestücken müssen. Die Wissenschaftspakete müssen wir wiederum aus Gütern in Fabriken zusammensetzen lassen. Dies ist so angelegt, dass zur Erforschung aller benötigten Technologien, nahezu alle im Spiel verfügbaren Güter produziert werden müssen. Diese braucht man wohlgemerkt nicht nur in einzelnen Ausführungen, sondern müssen ständig in ausreichender Stückzahl produziert werden. So entsteht ein großes, vernetztes System, welches gut abgestimmt sein will.

Die Optimierung

Das Zusammenspiel aus der Zuführung von Rohstoffen, der Produktionskapazität und vor allem der Logistik ist perfekt gelungen. Da die Produktionsketten abhängig voneinander sind und mit höheren Technologien immer komplexer werden, entstehen immer wieder Engpässe, die das ganze System ausbremsen können. Merken wir, dass die Produktion in den Keller geht oder schlimmstenfalls an einer Stelle komplett stockt, so gilt es, die Ursache zu finden und zu beheben. Und hier spielt das Spiel seine Stärken aus. Symptom und Ursache müssen nicht an der gleichen Stelle liegen. Häufig beheben wir eine Schwachstelle und wenig später haben wir an einer anderen Stelle ein Problem, weil wir die tatsächliche Ursache nicht gefunden und behoben haben. Es gilt die komplette Produktionskette zu betrachten und herauszufinden, wo die Ursache liegt. Prozessmanagement at it‘s best.

Abbildung 2 Meine Kernfabrik

Ein wenig Mathe gefällig?

Im späteren Spielverlauf können zusätzlich elektrische Schaltungen gebaut werden, die unter anderem mit bestimmten Bedingungen verknüpft werden können. So lässt sich die Produktion bestimmter Güter präzise steuern. Da das Spiel alle relevanten Daten zur eigenen Produktion in Echtzeit zur Verfügung stellt, können mathematikbegeisterte Spieler exakt berechnen, wie viel, von welchem Gut, wann hergestellt werden muss. Dies ist aber kein Zwang um das Ziel zu erreichen. Ich selbst habe das Ziel auch ohne exakt zu rechnen erreicht.

Meine Produktionsstatistiken

Auf der Abbildung sind meine Produktionsstatistiken zu sehen. In der Minute produziert meine Fabrik derzeit 2.600 Stück Kupferkabel. Die Zahlen werden durch die Software nicht hochgerechnet. Alle im System befindlichen Güter sind zu sehen. Schaue ich mir also eine Minute lang meine Kupferkabelfabriken an, sehe ich wie 2600 Kabel auf die Bänder gelegt werden. Hier ist Vorsicht geboten! Einer gut laufenden Produktionslinie schaut man gerne mal länger als eine Minute zu…

Abbildung 3 Produktionsstatistiken meiner Fabrik

Das Spiel ist nach dem Start der Rakete nicht beendet. Es kann weitergespielt werden und es können weitere Raketen gestartet werden. Ehrgeizige Spieler bauen ihre Fabrik im Endlosspiel weiter aus und versuchen, das Intervall zwischen zwei Raketenstarts so weit wie möglich zu drücken.

Der kriegerische Teil

Natürlich ist der Planet, auf dem wir stranden, nicht unbewohnt. Die tierähnlichen Lebewesen sind von unserem Erscheinen nicht begeistert und schon gar nicht davon, dass wir eine Industrie aufbauen und somit die Umwelt verschmutzen. Zur Abwehr kann allerlei Kriegsgerät hergestellt werden und auch die Verteidigungsanlagen lassen sich automatisieren. Wer wie ich allerdings in Ruhe eine Fabrik bauen möchte und die Aufrüstung nicht besonders spannend findet, kann die Bewohner in den Einstellungen auch auf friedlich stellen. So lässt sich der kriegerische Aspekt im Grunde ausschalten.

Das sagen die Anderen

Die Gamestar hat das Spiel bereits vor einem Jahr einmal getestet und ist zu folgendem Ergebnis gekommen. Wobei ich finde, dass in dem Test der Kampf gegen die Einheimischen zu sehr in den Mittelpunkt gerückt wird. Die im Video zu sehende Produktion ist hoffentlich auch nicht alles, was die Redakteure gebaut haben, denn das ist eine doch noch sehr kleine Fabrik. Wer wirklich  perfekt austarierte Anlagen sehen möchte, wird ebenfalls auf Youtube fündig.

 

Anmerkung zum Testvideo:

Die Bewertungen aus dem Video sind nun schon ein paar Tage alt. Hier die aktuellen Bewertungen (abgerufen am 06.02.2018).

Weiterführende Informationen:

Factorio Wiki

Nachdem ich im letzten Artikel das Ebenenkonzept zur strukturierten Aufnahme von Prozessen vorgestellt habe, möchte ich in diesem Artikel den grundsätzlichen Aufbau der BPMN beschreiben. Denn, was so komplex anmutet und auf den einschlägigen Postern so erschlagend daherkommt, ist im Grunde einfach und übersichtlich aufgebaut. Zunächst schauen wir uns an, welche drei Diagrammtypen die BPMN zur Verfügung stellt. Dann stellen wir fest, dass zwei davon in der Praxis kaum relevant sind, und schauen uns schließlich die Inhalte des relevanten Diagrammtyps an. 

Die BPMN stellt drei grundsätzliche Diagrammtypen zur Verfügung: Das Prozessdiagramm, das Choreographiediagramm und das Kollaborationsdiagramm mit dem Konversationsdiagramm als Unterdiagramm. Das Choreographiediagramm und das Konversationsdiagramm haben zum Ziel, die Prozessbetrachtung auf den Nachrichtenfluss zu reduzieren bzw. in kompakter Form das Zusammenwirken der am Prozess Beteiligten darzustellen. Beide haben sich in der Praxis bisher nicht durchgesetzt und werden hier nicht weiter betrachtet.

Das Prozessdiagramm hingegen wird in private nicht ausführbare, private ausführbare und öffentliche Prozesse unterschieden. Um BPMN-konforme Diagramme zu erstellen, ist diese Unterscheidung allerdings nicht von Belang und soll ebenfalls nicht weiter betrachtet werden. Auch die Unterscheidung, dass aus einem Prozessdiagramm ein Kollaborationsdiagramm wird, sobald in der Darstellung mehr als ein Prozess und damit deren Kollaboration betrachtet wird, ist eher akademischer Natur und wird zunächst nicht weiter betrachtet. In der Übersicht sieht es dann so aus:

Prozessdiagramm

  • Private nicht ausführbare Prozess
  • Private ausführbare Prozesse
  • Öffentliche Prozesse

Choreographiediagramm

Kollaborationsdiagramm

  • Konversationsdiagramm
  • Prozessdiagramm mit mehr als einem Prozess
  • Kollaborationsdiagramm mit mehr als einem Prozess

Wir betrachten nur das private nicht ausführbare Prozessdiagramm und treffen keine Unterscheidung, wenn mehr als ein Prozess betrachtet wird.

Damit haben wir den verwirrendsten Teil schon hinter uns!

Aufbau der Symbolpalette

„It should be emphasized that one of the drivers for the development of BPMN is to create a simple and understandable mechanism for creating Business Process models, while at the same time being able to handle the complexity inherent to Business Processes. The approach taken to handle these two conflicting requirements was to organize the graphical aspects of the notation into specific categories.“ (Business Process Model and Notation, Version 2.0.2, Seite 25)

Schöner als die Spezifikation kann ich es nicht formulieren. Um diesen Ausgleich, zwischen einfachem Mechanismus und der Möglichkeit komplexe Zusammenhänge darzustellen, zu schaffen, unterscheidet die BPMN die Symbole in fünf Basiskategorien (Die Spezifikation spricht übrigens von Elementen (Elements) statt von Symbolen. Ich finde den Begriff Symbole im Deutschen aber treffender):

  • Flussobjekte (Flow Objects)
  • Daten (Data)
  • Verbinder (Connecting Objects)
  • Schwimmbahnen (Swimlanes)
  • Artefakte (Artifacts)

Anhand der fünf Basiskategorien möchte ich die Symbole des Basis-Levels des BPMN Wissen und Werkzeug Prinzips darstellen. Hier sollen die Symbole allerdings zunächst nur vorgestellt werden. Wie sie genau eingesetzt werden, stelle ich in den folgenden Artikeln ausführlich dar.

Die Flussobjekte

Die Flussobjekte werden unterteilt in:

  • Ereignisse (Events)
  • Aktivitäten (Activities)
  • Gateways.

Die Ereignisse bilden die umfangreichste Gruppe. Die Spezifikation sieht hier nicht weniger als 51 verschiedene Symbole vor. Für das Basis-Level begrenze ich diese Palette auf lediglich neun. Für eine fachliche Modellierung sind diese neun vollkommen ausreichend. Die Darstellung der Ereignisse folgt einer einfachen Logik. Der Rand des Ereignisses gibt an, ob es sich um ein Start-, Zwischen- oder Endereignis handelt. So haben Startereignisse einen dünnen Rand, Zwischenereignisse einen doppelten Rand und Endereignisse einen dicken Rand. Das Symbol innerhalb des Kreises gibt den Ereignistyp an.

Startereignisse

Zwischenereignisse

Endereignisse

Aktivitäten

Bei den Aktivitäten unterscheide ich lediglich den Task und den Unterprozess.

Auch bei den Gateways nehme ich Einschränkungen vor. So wird das komplexe Gateway nicht berücksichtigt und auch die Möglichkeit einen Prozess mit einem Gateway starten zu lassen, ist wenig intuitiv. Beides kann mit den Symbolen des Basis-Levels anschaulicher dargestellt werden. Übrig bleiben die folgenden Gateways.

Die Datenobjekte

Wenn Prozesse mit dem Ziel der Digitalisierung beschrieben werden, ist es wichtig, den Daten und Dokumentenfluss in das Modell mit aufzunehmen. Auf dem Basis-Level lässt sich dies mit drei einfachen Symbolen realisieren: Dem Dateninput, dem Datenoutput und dem Datenspeicher.

 

Die Verbinder

Um die einzelnen Symbole zu verbinden, werden in der BPMN, wie anderen Modellierungssprachen auch, Verbinder verwendet. Diese geben den Lauf des Prozesses oder den Lauf von Informationen an.

Schwimmbahnen

Der überwiegende Teil der erstellten BPMN-Modelle nutzt Pools und Schwimmbahnen. Diese geben Aufschluss über die Beteiligten und visualisieren die Schnittstellen, die sich in Prozessen häufig als Schwachstellen erweisen.

Pool mit Schwimmbahnen

Artefakte

Grundsätzlich erlaubt es die BPMN eigene Symbole hinzuzufügen. Diese würden dann als Artefakte bezeichnet. Ich rate aber davon ab, die BPMN selbst zu erweitern. Zumal Prozessmanagementsoftware in der Regel nicht die Möglichkeit bietet, eigene Symbole zu integrieren. Von Haus aus bringt die BPMN zwei Artefakte mit. Beide haben rein informativen Charakter und werden nicht in den Prozessfluss modelliert.

Damit sind alle Symbole des Basis-Levels des Wissen und Werkzeug Prinzips auch schon vorgestellt. Mit dieser übersichtlichen Palette an Symbolen können Sie für jeden Prozess ein fachliches Modell erstellen. In Kombination mit einigen einfachen Regeln, die ich noch im Detail vorstellen werde, können Sie sehr einfach BPMN Modelle erstellen, die zu 100% der Spezifikation entsprechen.

In den nächsten Artikeln werde ich nun jeweils vorstellen, wann und wie die einzelnen Symbole zu verwenden sind.

Eine Übersicht über die hier vorgestellten Symbole finden Sie hier.

Über die BPMN wird im kommunalen Umfeld in letzter Zeit viel gesprochen. Manches davon stimmt sogar, vieles aber auch nicht. Um der Wahrheit auf den Grund zu gehen, gibt es aber nicht nur einen Lichtblick, es gibt einen strahlenden Sonnenschein der Erleuchtung: Die Spezifikation der BPMN. Die von der Object Management Group herausgegebene Spezifikation der BPMN – und nur sie – definiert Syntax und Semantik der BPMN! Wozu dann noch ein Wissen und Werkzeug Prinzip? Antworten gibt dieser Artikel.


Ich habe im letzten Artikel bereits erwähnt, dass die BPMN sehr komplex sein kann und eine umfangreiche Symbolpalette mitbringt. Als wäre das nicht schon genug, lässt der strahlende Sonnenschein der Erleuchtung (die Spezifikation) auch noch die Möglichkeit, den gleichen Sachverhalt auf unterschiedliche Art und Weise zu modellieren. Um den Einstieg in die BPMN zu erleichtern und gleiche Sachverhalte möglichst gleich zu modellieren, habe ich das Wissen und Werkzeug Prinzip entwickelt.

Der Grundsatz: Artikel 1 des Wissen und Werkzeug Prinzips

Die Spezifikation der BPMN ist unantastbar! Ich gebe zu: Es ist etwas hochtrabend und überspitzt formuliert, aber als Grundsatz gilt: Alle Regeln halten sich streng an die Spezifikation. Nach dem Wissen und Werkzeug Prinzip erstellte Prozessmodelle sind demnach 100% mit der Spezifikation konform! Daraus ergibt sich, dass die Bedeutung der Symbole nicht angetastet wird. Ich beschränke lediglich den Umfang der Symbole und mache einen Vorschlag, wie bestimmte Sachverhalte modelliert werden sollten.

Zwei Level der Modellierung

Was die Einschränkung der Symbolpalette betrifft, streiche ich natürlich keine Symbole. Vielmehr führe ich zwei Level der Modellierung ein. Das Basis-Level, mit allen Symbolen, die für eine fachliche Modellierung benötig werden, und das Experten-Level, das alle zur Verfügung stehenden Symbole beinhaltet. Die BPMN selbst sieht eine Dreiteilung in eine beschreibende Ebene (Descriptive), eine analytische (Analytic) und eine ausführbare Ebene (Common Executable) vor. Hierbei wird aber eine stark technische Sicht eingenommen und die Einteilung richtet sich hauptsächlich an Softwarehersteller. Mir war es wichtig ein Prinzip zu schaffen, mit dem sowohl in der Organisation, in der Fachabteilung als auch in der IT Modelle erstellt werden können, die leicht zu erstellen und für alle verständlich sind. Dazu musste ich einen Ausgleich zwischen Komplexität, Präzision und Verständnis des Modells finden. Ob mir dies gelungen ist, beurteilen Sie am besten selbst.

Die Münze

Die formale Korrektheit eines BPMN-Diagramms lässt sich am besten mit Hilfe einer Münze (im Englischen: Token) überprüfen. Stellen Sie sich vor, jede Prozessinstanz (z. B. ein Antrag) erzeugt eine Münze, die durch den Prozess wandert. Sequenzflüsse, Verzweigungen, Ereignisse etc. sagen der Münze was sie zu tun hat und wie sie weiter-wandert. In Seminaren mache ich eine Übung, in der ich die Teilnehmenden mit einer Münze Modellierungsfehler im Prozess suchen lasse. Der Erkenntnisgewinn dieser einfachen Methode ist nicht zu unterschätzen. Die Spezifikation selbst, wie auch der überwiegende Teil der BPMN-Literatur, verwendet dieses Verfahren. Die genaue Funktionsweise erläutere ich am folgenden Beispiel.

Beispiel Exklusive-Verzweigung

Damit sich jeder vorstellen kann, was ich meine, wenn ich sage, dass der gleiche Sachverhalt auf unterschiedliche Weise modelliert werden kann, möchte ich ein Beispiel anführen. So lässt sich eine Exklusive-Verzweigung auf folgende Arten darstellen.

Wobei hier schon der Teufel im Detail steckt. Im vorliegenden Beispiel haben alle drei Modelle tatsächlich die gleiche Bedeutung, da sich die Bedingungen ausschließen, was sie beim linken und mittigen Beispiel auch müssen, sonst läge ein Modellierungsfehler vor. Die bedingten Sequenzflüsse (rechts) könnten allerdings auch für die Modellierung einer Inklusiven-Verzweigung stehen. Ein Detail, das sich nicht intuitiv erschließt, weshalb bedingte Sequenzflüsse im Wissen und Werkzeug Prinzip keine Verwendung finden. Das linke und mittige Beispiel unterscheiden sich aber tatsächlich nur in der Darstellung, da die BPMN zwei Symbole für die Exklusive-Verzweigung kennt.

Was würde die Münze hier tun? Trifft die Münze auf eine Exklusive-Verzweigung (links + Mitte), so muss sie sich für genau einen Weg entscheiden. Könnte Sie sich für zwei Wege gleichzeitig entscheiden (z. B. Beträge überschneiden sich), läge ein Modellierungsfehler vor. Im rechten Beispiel wäre eine Überschneidung aus formaler Sicht allerdings kein Modellierungsfehler. Die Münze würde sich teilen und beide Wege gehen. Solche Feinheiten sind eher etwas für Modellierungsexperten und führen im Alltag in der Zusammenarbeit mit den Fachämtern nur zu Verwirrung. Ein simples Beispiel für die Sinnhaftigkeit einer Konvention wie sie das Wissen und Werkzeug Prinzip darstellt.

Ausblick auf die Reihe zur BPMN

Damit ist der Grundstein gelegt. Alle Vorgaben und Empfehlungen meines Prinzips entsprechen der Spezifikation der BPMN. Zudem führe ich zwei Level der Modellierung mit unterschiedlichen Symbolumfängen ein, damit auf dem Basis-Level eine einfache, verständliche und leicht zu erlernende fachliche Modellierung möglich ist und dem Experten auf dem Experten-Level alle Möglichkeiten der BPMN zur Verfügung stehen.

Im weiteren Verlauf der Reihe werde ich zunächst den grundsätzlichen Aufbau der BPMN erläutern, um im Anschluss die Symbolpalette des Basislevels vorzustellen. Dabei werde ich die Bedeutung und den korrekten Einsatz jedes einzelnen Symbols erläutern und mit Beispielen unterfüttern.

Sollten Sie es jetzt nicht mehr erwarten können, die Symbolpalette des Basis-Levels kennen lernen zu wollen, so empfehle ich das Abonnement meines Newsletters. Auf der Bestätigungsseite ist ein Link hinterlegt. Sollten Sie schon Abonnent sein, so finden Sie den Link im aktuellen Newsletter.

 

NRW kehrt grundsätzlich zum G9-Abitur zurück und die Eltern der jetzigen Zweitklässler klopfen ihren Sprösslingen schon auf die Schulter. Es wird einen Jahrgang ohne Abiturienten geben, dann kommt mein Kind auf den Arbeitsmarkt und wird sozusagen die freie Auswahl haben. Die langen Gesichter, sollte sich das Kind ein Beispiel an mir nehmen und eine Ehrenrunde drehen, können sich die Eltern allerdings sparen. In dem Fall bringen Sie Ihr Kind einfach im öffentlichen Dienst unter. Es wird sich mit Händen und Füßen wehren müssen, wenn es keine steile Karriere hinlegen möchte. Glauben Sie nicht? Lesen Sie selbst…

In meinem Blogpost zum Prozessmanagement 2027 habe ich den Fachkräftemangel bereits angesprochen. Nun hat die PWC eine Studie (hier gehts zur Studie) zum Fachkräftemangel in der öffentlichen Verwaltung veröffentlicht und bestätigt was wir schon lange wissen. Der Fachkräftemangel wird den öffentlichen Dienst mit voller Wucht treffen und sich stärker bemerkbar machen als in vielen anderen Branchen. Im ersten Teil der Studie werden die Ergebnisse der Studie dargestellt. Der öffentliche Dienst wird mit anderen Branchen verglichen, es werden Branchen innerhalb des öffentlichen Dienstes verglichen, es wird verglichen wie stark die einzelnen Bundesländer betroffen sind usw. Zwei Grundaussagen möchte ich zitieren.

„Der Fachkräftemangel im öffentlichen Sektor wird bis 2030 mit über 800.000 fehlenden Fachkräften am deutlichsten Ausfallen. Soll die Funktionsfähigkeit öffentlicher Leistungen langfristig gewährleistet werden, muss sich die öffentliche Hand rechtzeitig und systematisch auf diese Entwicklung einstellen.“

„Das Jahr 2030 wird geprägt durch einen breiten Mangel an Lehrern und Verwaltungskräften. Ein intensiver Wettbewerb wird aber insbesondere um IT-Fachkräfte, Ingenieure, Mediziner, Naturwissenschaftler sowie Leistungs- und Assistenzkräfte entstehen.“

Der zweite Teil der Studie beschäftigt sich damit wie rechtzeitig und systematisch auf diese Entwicklung reagiert werden kann. Ich bin zwar der Überzeugung, dass es für rechtzeitig schon zu spät ist, sollte man jetzt noch nicht begonnen haben, aber besser spät anfangen als nie. Für den systematischen Teil macht die PWC in der Studie sieben Konkrete Vorschläge:

  1. Sicherung und Verbesserung der Arbeits- und Erwerbsfähigkeit
  2. Vermeidung von Engpässen durch Digitalisierung und modernes Wissensmanagement
  3. Gezielte Nutzung des Potentials älterer Menschen
  4. Verbesserung der Attraktivität des öffentlichen Sektors
  5. Professionalisierung der Fachkräftegewinnung und Erweiterung der Zugänge
  6. Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des öffentlichen Dienstes
  7. Bündelung der Maßnahmen zu einer Gesamtstrategie

Als ich die unter Punkt 4 aufgezählten Stärken und Schwächen gelesen habe, hatte ich erst den Verdacht, jemand von PWC hat sich in eines meiner Seminare zum strategischen Management geschlichen. Denn für die SWOT-Analyse wähle ich in der Regel genau das Beispiel Personalgewinnung mit eben jenen Vor- und Nachteilen. Aber darum soll es nicht gehen. Der zweite Punkt hat meine Aufmerksamkeit auf sich gezogen und soll hier Beachtung finden.

Welches Wissen soll gemanagt werden?

Erlauben Sie mir ab jetzt von der Wissensverwaltung zu sprechen, um denglische Konjugationen wie in der Zwischenüberschrift zu vermeiden. Die Studie stellt fest, dass das erste Problem ist, festzustellen, welches Wissen überhaupt festgehalten werden soll. Wo würden Sie nun als erstes Nachschauen um die relevanten Bereiche zu identifizieren? Wohl den Verwaltungen die bereits eine breite Prozessidentifikation durchgeführt haben. Sie benötigten nicht mehr als eine Liste der Prozesse die in Ihrer Verwaltung durchgeführt werden und könnten diese nach Relevanz gewichten. Die erste Hürde, welches Wissen möchten/müssen wir erhalten, wäre genommen. Wer den enormen Aufwand zur Prozessidentifikation scheut, dem sei gesagt, dass ich für die vollständige Prozessidentifikation einer Organisationseinheit zwei Workshops á zwei Stunden ansetze.

Wie soll das Wissen verwaltet werden?

Die Antwort auf diese Frage muss sowohl die technische als auch die organisatorische Seite beinhalten. Technisch muss beantwortet werden wie und in welcher Form das Wissen gespeichert werden soll und abgerufen werden kann. Das dies zentral, leicht zugänglich und digital geschehen muss ist unstrittig. Eigentlich sind alle Portale die auf sogenannte Schwarmintelligenz setzen Wissensmanagementportale. Technische Vorbilder und Lösungen gibt es also zur Genüge. Es müssen durch die Verwaltung aber auch personelle Ressourcen zur Verfügung gestellt und eine Kultur zur Weitergabe von Wissen geschaffen werden. In vielen Bereichen ist die Personaldecke so dünn, dass zur Wissensaufbereitung schlicht die Zeit fehlt. Weiterhin muss die Verwaltungsführung deutlich machen, dass die Aufbereitung des Wissens ausdrücklich gewünscht ist. Kolleginnen und Kollegen welche sich an der Aufbereitung des Wissens beteiligen dürfen nicht mit Äußerungen wie: „Schau mal wofür der Zeit hat.“ bedacht werden.

Der Tod allen Wissens: Wiederbesetzungssprerre

Die PWC schlägt eine Arbeit in altersgemischten Teams oder eine parallele Besetzung von Stellen vor Ausscheiden eines Mitarbeiters oder einer Mitarbeiterin vor. Leider wird tatsächlich in Verwaltungen das genaue Gegenteil getan. Statt einer geregelten Übertragung von Wissen zwischen aktuellem und zukünftigem Stelleninhaber werden Wiederbesetzungssperren eingeführt, so dass die Beiden sich nie zu Gesicht bekommen. Vielmehr vermittelt der aktuelle Stelleninhaber den vertretenden Kollegen wie diese für die Zeit der Wiederbesetzungssperre „die Kuh am fliegen halten“. Wird die Stelle nach Ablauf der Wiederbesetzungssperre besetzt, so kann dem neuen Stelleninhaber lediglich dieses rudimentäre Wissen übertragen werden. Das in der Studie genannte Beispiel des Bundes zur Schaffung eines Stellenpools, damit Stellen parallel besetzt werden können, kann ich daher nur begrüßen.

Digitalisierung heilt alle Wunden

Natürlich wird beim Thema Personalmangel die Digitalisierung als gegensteuernde Maßnahme genannt. Wo vor einigen Jahren die Digitalisierung noch als Henker von Millionen Arbeitsplätzen gesehen wurde, ist sie heute der Heilsbringer und unsere mächtigste Waffe im Kampf gegen den Fachkräftemangel. Die PWC schlägt vor (oder hat hier abgeschrieben: Zink W. und Armbruster M. (2016): Innovation und Optimierung: Ansätze für eine erfolgreiche Digitalisierung des Staats.), dass Digitalisierungsprojekte nicht allein Optimierungsansätzen folgen sollten, sondern einem vorausschauendem Innovationsansatz. Als Argumente werden zum einen mangelnde Personalressourcen für Digitalisierungsprojekte mit Optimierungsansatz und zum anderen echte Serviceverbesserungen für Bürgerinnen und Bürger angeführt.
Dem ersten Argument kann ich nicht folgen, da alle Digitalisierungsprojekte, gleich mit welchem Ziel, Personalressourcen erfordern. Das zweite Argument befürworte ich ausdrücklich. Digitalisierungs-/Optimierungsprojekte sollten als primäres Ziel nicht immer nur monetäre Einsparungen haben. Was diese Erkenntnis allerdings mit dem Kampf gegen den Fachkräftemangel zu tun hat, erschließt sich mir nicht.

Fazit: lesenswert

Ich gebe es zu, ich hatte leichte Vorbehalte als ich die Studie in die Hände bekommen habe. Dann habe ich die Studie durchgescrollt (Digitalisierung!!) und musste auch noch über das Foto des Mannes im Security-Karnevalskostüm (S.12) ohne jegliches behördliches Erkennungsmerkmal schmunzeln. Da es aber auf die inneren Werte ankommt, habe ich mich auf diese konzentriert und halte die Studie für lesenswert. Ich würde mir wünschen, dass dies insbesondere viele Verwaltungsleitungen im Lande tun.

In eigener Sache

Ich bin ein großer Befürworter der gendergerechten Sprache! In Teilen dieses Artikels habe ich allerdings bewusst darauf verzichtet, da sonst einige schwer lesbare Satzkonstrukte entstanden wären. Ich bitte also den Wechsel innerhalb des Artikels zu entschuldigen und lade die lesenden Damen dazu ein, sich ebenfalls angesprochen zu fühlen.

Eine Kommune, ein Prozess, 1000 Ausprägungen! Zugegebenermaßen ist 1000 Ausprägungen etwas überspitzt formuliert, schauen wir uns allerdings kommunale Querschnittsprozesse an, so beschleicht uns das Gefühl, es könne doch wörtlich gemeint sein. Soll ein solcher Prozess nun in einen elektronischen Workflow gegossen werden, so wird häufig viel Zeit und Geld investiert, um all diese Ausprägungen abzubilden. Der Weg den Prozess zu standardisieren, was natürlich Veränderungen nach sich zieht, wird häufig gescheut. Warum eigentlich? Ein Erklärungsversuch…

Wir haben kürzlich in einem Seminar über die Entwicklung eines elektronischen Rechnungsworkflows gesprochen. Die Pilotkommune hat den Prozess in einer Organisationeinheit aufgenommen und gemeinsam mit dem Rechenzentrum einen Prototypen entwickelt. Als dieser Prototyp nun in einer anderen Organisationseinheit derselben Kommune getestet wurde, wurde schnell klar, dass die Abläufe nicht passen und der Workflow so nicht verwandt werden könne. In anderen Organisationseinheiten existierten noch weitere Varianten eine Rechnung zu begleichen. Wie selbstverständlich war die Anforderung der Kommune alle Varianten in den Workflow zu implementieren.

Ähnliche Erfahrungen habe ich selbst auch gemacht. Derselbe Prozess, läuft in derselben Kommune, in verschiedenen Organisationseinheiten, verschieden ab und die erste Reaktion ist, all diese Varianten in den Workflow einzubauen. Ich halte dies für Dauer und Erfolgsaussichten des Projektes fatal. Ganz zu schweigen vom Pflege- und Administrationsaufwand, sollte der Workflow doch jemals eingeführt werden. Warum wird der andere Weg, die Varianten so weit wie möglich zu reduzieren oder besser noch ein einheitliches Vorgehen zu entwerfen, so häufig nicht gegangen?

Aufwand, Widerstände, mutlose Entscheidungen

In meinen Augen sind dafür drei Dinge ausschlaggebend: Aufwand, Widerstände und fehlender Mut zu Entscheidungen. Es darf nicht verschwiegen werden und sollte jedem zu Beginn eines solchen Projektes bewusst sein, dass die Standardisierung von Prozessen einen nicht zu unterschätzenden Aufwand bedeutet. By the Way kann so ein Projekt in der Regel nicht durchgeführt werden. Auf allen Seiten müssen die personellen Aufwände geschätzt und vor allem bereitgestellt werden. Ist dafür eigentlich keine Zeit, es „muss“ aber gemacht werden, dann lassen Sie es lieber sein. Wird keine Zeit zur Verfügung gestellt, muss es auch nicht gemacht werden! Geht es Ihnen allerdings ähnlich wie mir und es hört ja keiner auf Sie, so machen Sie diesen Umstand wenigstens deutlich.

Die Straße des geringsten Widerstandes ist nur am Anfang asphaltiert

Gehen wir von guten Projektvoraussetzungen aus so bleiben immer noch die scheinbar unüberwindbaren Widerstände. Die Gründe weshalb die einzelne Organisationseinheit einen Prozess auf eine bestimme Weise abarbeitet können noch so nachvollziehbar oder unverständlich, so sinnvoll oder abwegig sein, sie sind da. Und es kommt noch dicker: Diese Verfahrensweise ist die die Gewohnte! Möchten Sie diese Gewohnheiten verändern ist mit Widerständen zu rechnen. Dabei gilt grundsätzlich: Je größer die Veränderung, je größer die Widerstände. Die Veränderungen im oben genannten Prozess betreffen die beiden Bereiche technische Unterstützung und organisatorischer Ablauf. Die Widerstände gegen Digitalisierung und technische Unterstützung sind stark rückläufig. Die zunehmende Digitalisierung, ich denke hier spielt besonders die Digitalisierung im Privatleben eine Rolle, sehe ich als Grund hierfür. Außerdem ist der Mehrwert für die Mitarbeitenden häufig greifbarer.

Die größeren Widerstände treten bei der Veränderung der Gewohnheiten auf. Um diese zu umgehen wird die Technik den Abläufen abgepasst. Man kann auch die grundsätzliche Frage stellen, ob die Technik dem Menschen oder der Mensch der Technik folgen soll. Im genannten Beispiel des Rechnungsworkflows muss die Entscheidung zugunsten „die Technik muss dem Menschen folgen“ ausgefallen sein. Auch wenn eine befriedigende Antwort auf die Frage differenzierter ausfiele, so stimme ich dem Paradigma „Technik folgt dem Menschen“ grundsätzlich zu. Allerdings muss die Technik nicht jedem Weg eines jeden einzelnen folgen. Vielmehr muss festgelegt werden welchen Weg der Mensch gehen will und diesem folgt die Technik. Und genau in dieser Einigung liegt die Herausforderung.

Fällt die Darstellung des Mehrwertes für die technischen Anpassungen noch relativ leicht, so bietet die Argumentation für einen standardisierten Ablauf in der Regel größere Herausforderungen. Es ist gut möglich, dass alle beteiligten Akteure ihre Vorgehensweise anpassen müssen, da keine der bisherigen aus Perspektive der gesamten Organisation ideal ist. Dass der Organisator diese Perspektive einnimmt ist für Querschnittsprozesse elementar und vereinfacht die Sache nicht. Dadurch kann es vorkommen, dass die organisatorischen Anpassungen aus Sicht eines Einzelnen erstmal keinen Mehrwert erzeugen, für die Gesamtorganisation aber sehr wohl. Auf die Frage des Einzelnen: „Und was hab ich davon?“ kann die Antwort also durchaus „Erstmal nichts“ lauten. Aber lassen Sie sich nicht entmutigen, die Einsicht, werden die Vorteile für das große Ganze schlüssig vorgetragen sind in der Regel größer, als es sich die Beteiligten selbst eingestehen wollen.

Beispiel Reisekosten

Für letztgenanntes ist die Einführung einer elektronischen Reisekostenabrechnung ein gutes Beispiel. Die Abschaffung der Papierfahrtenbücher hatte für fahrtenbuchführende Kolleginnen und Kollegen zur Folge, dass diese das im Wagen geführte Fahrtenbuch nun nicht mehr einfach bei der Reisekostenabrechnung abgeben konnten, sondern alle Fahrten am Arbeitsplatz im System erfassen mussten. Für die Mitarbeitenden also eine echte Mehrbelastung. Dennoch waren die Widerstände gering. Zum einen hatte das mit der oben genannten fortschreitenden Digitalisierung zu tun. Zum anderen war einzusehen, dass es aus Sicht der Gesamtorganisation einige Vorteile hat, wenn die von jedem digital erfassten Daten automatisiert verarbeitet werden können, statt jedes handgeschriebene Fahrtenbuch einzeln händisch auszuwerten.

Schließlich bin ich der Überzeugung, dass Hans Kapser mit der Aussage: „Die Straße des geringsten Widerstandes ist nur am Anfang asphaltiert.“ richtig liegt. Wenn Sie den Aufwand und die Widerstände meiden, holen diese Sie ein und am Ende steht ein gescheitertes Projekt, eine Anwendung die nie richtig ans Laufen kommt und deutlich mehr Arbeit verursacht als wären Sie die Standardisierung angegangen.

Sie Sache mit den Entscheidungen

Eine Verwaltung ist eine verworrene Gemengelage aus unterschiedlichsten Interessen. Es kann nicht immer gelingen einvernehmlich einen Konsens zu erzielen. Aber selbst wenn dem so ist, so muss am Ende eine Entscheidung gefällt werden. Spätestens wenn es um Querschnittsprozesse geht ist hier die Verwaltungsführung gefragt. Diese muss den Mut aufbringen im Sinne der Gesamtorganisation, auch bei widerstreitenden Interessen eine Entscheidung zu treffen. Das Thema „Entscheidungen“ möchte ich allerdings an anderer Stellen nochmal ausführlich thematisieren, kann aber sagen wie Sie schon zu Beginn des Projektes forcieren, dass am Ende eine konkrete Entscheidung getroffen wird. Formulieren Sie einen konkreten Projektauftrag!

Diese Woche wurde ich gefragt, welche Themen im Bereich des Prozessmanagements für die öffentliche Verwaltung vorausgedacht werden sollten. Eine spannende Frage, bedenkt man, dass viele Kommunen sich noch in der Phase des Aufbaus von grundsätzlichem Prozesswissen befinden. Andere aber schon ganze Prozessbibliotheken aufbauen. Auch für mich ist die Frage nicht ganz unwichtig, beantwortet sie doch die Frage nach den zukünftigen Inhalten meiner Seminare.

Wo genau die Reise hingeht kann natürlich niemand sagen, aber drei Themen möchte ich hier beschreiben, von denen ich denke, dass sie einen vorderen Platz auf den Tagesordnungen der Kommunen bekommen werden. Sollten sie den nicht jetzt schon haben.

Innerkommunale Personalsteuerung bei saisonalen Schwankungen oder unvorhersehbaren Arbeitsspitzen

Saisonale Schwankungen beim Arbeitsaufkommen sind in Kommunalverwaltungen keine Seltenheit. In diesen Bereichen ist das Personal häufig so bemessen, dass in den arbeitsintensiven Phasen, die Bearbeitungszeiten ein erträgliches Maß haben oder eventuelle gesetzliche Anforderungen erfüllt werden können. In den Phasen von geringerem Arbeitsaufkommen ist das gesamte Personal aber weiterhin in dem Bereich tätig. Ich möchte nicht behaupten, dass die Beschäftigten dann nichts mehr zu tun haben. Sicher bleiben andere Dinge in den arbeitsintensiven Monaten liegen die aufgearbeitet werden müssen. Von wirklicher Auslastung kann aber häufig nicht gesprochen werden. Bemessen wir das Personal allerdings in den Phasen geringeren Arbeitsaufkommens, überfordern wir die Mitarbeitenden in der anderen Phase. Diese halten im schlimmsten Fall dem Druck nicht stand und erkranken. Aus welchen Gründen auch immer, eine (strukturelle) Überlastung von Mitarbeitenden muss in jedem Fall vermieden werden.

Eine schon jetzt deutlich zu beobachtende Entwicklung wird dies noch verschärfen. Die Gewinnung von geeignetem Personal. Selbst wenn genug Stellen eingerichtet sind, so ist es keinesfalls gesagt, dass diese auch besetzt werden können. Ohne es empirisch belegen zu können, so würde ich behaupten, dass allein in den Ausländerämtern der Republik eine vierstellige Zahl an Stellen nicht besetzt ist. Damit wir uns verstehen. Ich spreche nicht von Stellen die eigentlich benötigt würden. Ich meine voll beplante Stellen die schlicht nicht besetzt sind.

In der Zukunft werden den Kommunen aufgrund des zunehmenden Sparzwangs und des beschriebenen Fachkräftemangels kaum andere Möglichkeiten bleiben, als den Personaleinsatz präziser zu steuern. In wie weit es zu realisieren ist, Personal unterjährig mit unterschiedlichen Aufgaben zu betreuen wird sich zeigen. Ein Tabu darf der Ansatz aber in keinem Fall sein.

Prozessautomation in Workflowsystemen

Zwischen Flensburg und Lörrach sind Kommunen damit beschäftigt Dokumentenmanagementsysteme (DMS) einzuführen. Viele der Lösungen bringen eine mächtige Workflowkomponente mit. Diese bietet in der Regel die Möglichkeit Prozesse grafisch zu modellieren und in einen Workflow zu überführen. Hier sehe ich insbesondere bei internen Prozessen ein weites Anwendungsgebiet. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass gerade die internen Organisationsprozesse, die sich häufig stark an den organisatorischen Strukturen und den jeweiligen Gepflogenheiten der Kommune orientieren, nicht elektronisch unterstützt und wegen ihrer großen Individualität in den jeweiligen Kommunen, nicht von Fachverfahrensherstellern abgebildet werden. Diese Lücke werden die Workflowkomponenten der DMS’e schließen. Besonders interessant wird hier den Spagat zwischen fachlichen und technischen Modellen zu vollziehen.

Prozessmanagement statt Geschäftsprozessoptimierung

Auf etlichen Kongressen, Symposien oder in Berichten z.B. dem KGSt Bericht 3/2016 „Prozessmodelle erfolgreich nutzen“ wird dargestellt, aus welchen Gründen Prozessmodelle erstellt werden können bzw. wozu Prozessmodelle nützlich sein können. Dies ist alles richtig und ich unterstütze es ausdrücklich. Wichtiger finde ich aber die Organisation als ein Gebilde aus Prozessen zu verstehen und diese von Grund auf so zu organisieren. Prozesse werden häufig in einzelnen Projekten, zu welchem Zweck auch immer, betrachtet. Die Organisation denkt aber in der Regel nicht in Prozessen. Ich möchte nur die Geschäftsverteilungspläne (GVP) als Beispiel anführen. Diese werden in der Regel nicht aus einem fest definierten Aufgabenkatalog erstellt, sondern frei formuliert. Würden wir wirklich in Prozessen denken, so würden die Geschäftsverteilungspläne aus der abschließenden Prozessliste der Kommune erstellt. Im Grunde könnte man sich die GVP „zusammenklicken“. Genauso verhält es sich meines Erachtens nach auch mit Stellenbeschreibungen. Bei Umorganisationen könnte viel präziser gesteuert werden, welche Prozesse und somit Aufgaben und Verantwortung welcher Organisationseinheit zugeordnet werden.

Hier sehe ich noch den größten Handlungsbedarf in den Kommunen. Prozessmanagement als ganzheitlichen Managementansatz zu verstehen und nicht als GPO-Projekt.

Welche Themen rund um das Prozessmanagement werden aus Ihrer Sicht in der nächsten Zeit noch an Fahrt gewinnen? Hinterlassen Sie mir gerne einen Kommentar.

Wie beginnt man eigentlich einen neuen Blog? Diese Frage habe ich mir gestellt bevor ich anfing diese Zeilen zu schreiben. Um mir die Frage zu beantworten habe ich mich in die Perspektive des Lesers versetzt und mich gefragt, was würde mich als Leser zu Beginn eines Blogs interessieren? Drei Fragen würde ich mir stellen :

Worüber wird gebloggt? Wer bloggt? Warum wird gebloggt?

Worüber wird gebloggt?

Das übergeordnete Thema dieses Blogs ist die Verwaltung und deren Modernisierung. Ein Schwerpunkt wird das Prozessmanagement innerhalb der Verwaltung sein. Dabei verstehe ich unter Prozessmanagement einen ganzheitlichen Managementansatz, nicht, wie es in der kommunalen Praxis häufig verstanden wird, eine Geschäftsprozessoptimierung! Hier sehe ich ein großes Hindernis in der Modernisierung. Wir reden bei ausdruckbaren Anträgen im PDF-Format von Onlineanträgen. Online deshalb, weil sie online heruntergeladen werden können. Natürlich ist hier häufig die Unterschrifterfordernis, nicht der fehlende Wille, das Hemmnis. Aber warum nennen wir es dann Onlineantrag und suggerieren ein falsches Bild? Sobald eine Kommune zwei Prozesse beschrieben hat, wird von der Führung gerne schon von der Einführung eines Prozessmanagements gesprochen. Wurden die Prozesse selbst gewählt und nicht auf Zuruf beschrieben, so handelt es sich gleich um ein strategisches Prozessmanagement. Dies soll keine Schelte sein! Auf Messen und Symposien präsentieren Banken und Versicherungen stolz wie sie ihre Kernprozesse vollständig digitalisiert haben. Schaut man aber genauer hin, so kann man sich nur gegenseitig müde belächeln. Die Verwaltung lächelt müde über das im Vergleich doch sehr überschaubare Prozessportfolio mit Prozessen die nicht in ein teils absurdes gesetzliches Korsett gezwängt sind. Die Wirtschaft wiederum lächelt über das häufig gegen null tendierende Budget, welches für die Einführung eines Prozessmanagements bereitgestellt wird.
Daraus wird deutlich, warum Herr Trampler, der Wirtschaftsstudent, der der Stadt Hagen durch seine Prozessoptimierung Fördergelder in Höhe von fünf Millionen Euro sicherte das Prozessmanagement in der öffentlichen Verwaltung als die „Königsdisziplin“ bezeichnet und sein Professor, Herr Coners ihm beipflichtete und sagte: „Die Verwaltung ist die härteste Nuss.“

Zwar wird der Schwerpunkt auf dem Prozessmanagement liegen, andere Facetten der Verwaltungsmodernisierung sollen aber ebenso beleuchtet werden. Der Einsatz von E-Government, sozialen Medien oder Open Data sind nur drei weitere Bereiche um die es gehen wird.

Wer bloggt?

Mein Name ist Patrick Roßkothen. Ich arbeite seit knapp 10 Jahren in der Organisation einer öffentlichen Verwaltung. Derzeit sind meine Kernaufgaben die Einführung eines Dokumentenmanagentsystems und eines Prozessmanagements. Dieser Blog hat aber ausdrücklich nichts mit meinem Arbeitgeber zu tun. Natürlich bin ich dadurch zu dem Thema gekommen, aber, auch auf die Gefahr hin, dass Sie mich nun gerne zum Fieber messen schicken wollen, ich beschäftige mich auch nach Dienstschluss mit dem Thema.
Einen Großteil meines Wissens habe ich neben der Arbeit in der Praxis und der einschlägigen Literatur, durch meine Arbeit als Dozent bei der KGSt erworben. Dort gebe ich Seminare zu den Themen Organisationsmanagement, Handwerkzeug der Prozessoptimierung und Modellierung mit dem Fachmodellierungsstandard (FaMoS). Durch diese Tätigkeit konnte ich mir einen reichen Erfahrungsschatz erwerben, aus dem dieser Blog hauptsächlich gespeist wird. Dort habe ich viele Einblicke in kommunale Projekte erhalten, habe gute und schlechte Beispiele gesehen und in unzähligen Gesprächen viele Annekdoten zum Thema gehört. Dabei wurde mir häufig ein Blick hinter die Kulissen gewährt. Dazu gehört Vertrauen und dieses werde ich natürlich nicht enttäuschen und keine Rückschlüsse auf bestimmte Kommunen zulassen.

Warum wird gebloggt?

Ich habe bisher keinen Blog zum Thema von einem kommunalen Praktiker gefunden. Zwar haben die einschlägigen Zeitschriften und Firmen häufig Blogs oder Newsseiten, diese sind aber häufig durch die handelnde Firma gefärbt und werden eben nicht von Praktikern aus der Verwaltung geschrieben. Neben der Weitergabe von Wissen und Erfahrungen, möchte ich auch gerne mit anderen Praktikern in Austausch treten. Zwischen Flensburg und Freiburg beschäftigen sich viele Kommunen mit Themen der Modernisierung und wir müssen nicht alle das Rad neu erfinden, sondern sollten vielmehr versuchen voneinander zu lernen und zu partizipieren. Also nutzen Sie die Kommentarfunktion und treten Sie mit mir und anderen in Kontakt! In dem ein oder anderen Blogeintrag werde ich Thesen in den Raum stellen und bin natürlich auf die Sicht anderer gespannt.

Die drei Kernfragen sind damit beantwortet und mein erster Beitrag geschrieben.

Wie geht es nun weiter?

Ich habe in der letzten Zeit bereits eine Themensammlung angelegt und werde die nun nach und nach abarbeiten. Ich bin aber für Themenwünsche und -vorschläge nicht nur offen, sie sind ausdrücklich erwünscht!
Feste Termine für die Blogeinträge möchte ich mir nicht setzen, ich werde mir aber Mühe geben, eine gewisse Regelmäßigkeit an den Tag zu legen.

Wer diesem Blog nun folgen möchte und keinen Eintrag verpassen möchte, der kann mir auf Twitter oder Xing folgen.

Auf dem Weg von einer funktional zu einer prozessorientiert organisierten Verwaltung wird häufig über die Prozessverantwortung diskutiert. Dies ist ein sensibles Thema, da es hier um die Verschiebung – mindestens fachlicher – Weisungskompetenz geht. Dabei wird in der Regel nur die Situation nach der Optimierung betrachtet, also wenn die Abläufe festgelegt sind und „nur“ noch gesteuert werden muss. Dass zur Prozessverantwortung auch die Festlegung der Abläufe und die Einführung von Standards gehört, wird dabei häufig übersehen.

Den optimalen Soll-Prozess gibt es für keinen Prozess. Die Determinanten Qualität, Kosten und Zeit bedingen sich und müssen in der Regel gegeneinander abgewogen werden. So unterscheidet sich der optimale Soll-Prozess von Kommune zu Kommune in Abhängigkeit von der konkreten Zielsetzung. Ich möchte das an einem Beispiel deutlich machen. Ein interner papiergebundener Antrag, der verschiedene Ämter durchläuft soll digitalisiert werden. In der analogen Welt steht es außer Frage, dass alle Anträge über den Schreibtisch des Vorgesetzten gehen und von dort aus auf die jeweiligen Sachbearbeitenden verteilt wird. Im Zuge der Soll-Modellierung kommt nun die Frage auf, ob dies auch in die digitale Welt übertragen werden soll. Gehen die Anträge in Zukunft direkt an die Sachbearbeitenden und werden dem Vorgesetzen bearbeitet zur Mitzeichnung vorgelegt, so lässt sich die Durchlaufzeit deutlich verkürzen. Vorgesetzte sehen hier aber die Gefahr, dass in ihrem Verantwortungsbereich Anträge bearbeitet werden von denen sie keine Kenntnis haben. Bleibt man bei der hergebrachten Verfahrensweise so ist im Bezug auf die Durchlaufzeit nur wenig gewonnen.

In Spannugsverhältnissen dieser Art sind bei der Soll-Modellierung in der Regel etliche Entscheidungen zu treffen.Aufgabe des Modellierers sollte es nun sein die verschiedenen Alternativen mit dem jeweiligem Vor- und Nachteilen – eventuell mit einem Entscheidungsvorschlag – den Entscheidungsträgern vorzulegen.

Die Praxis sieht oft anders aus

In der Praxis ist es häufig so, dass Entscheidungsträger einen in allen Belangen optimierten Soll-Prozess erwarten und im Zuge des Projektes die Entscheidungsgewalt faktisch auf den Modellierer übertragen. In dem Augenblick wird auch die faktische Prozessverantwortung auf den Modellierer übertragen.
Der Modellierer legt nun fest wer, was wann und die bearbeitet. Er erarbeitet zusammen mit den ausführenden Stellen Standards und Qualitätsanforderungen und gießt all dies in ein Soll-Modell.

Damit meine ich keineswegs, dass dem Modellierer zusätzliche Kompetenzen im Sinne der Dienstverteilung verliehen werden. Vielmehr wird ihm dies zuteil, da er ein fertiges Modell vorlegen soll, statt einiger Entscheidungsalternativen. Dieses nimmt natürlich noch seinen Weg durch die Instanzen bevor es umgesetzt wird und bekommt so seine Legitimation. Im schlimmsten Fall werden auf diesem Weg noch Anpassungen am Modell vorgenommen, die aus Sicht des einzelnen Sinn haben mögen, häufig aber die Sicht auf den Gesamtprozess vernachlässigen. Den einzelnen Entscheidungsträgern ist dabei nicht mal ein Vorwurf zu machen, da mangels Abwägungsdarstellungen, die einzelne Entscheidung für einen Ablauf gar nicht nachvollzogen werden können. In der Praxis passiert nun das was von Beginn an hätte gemacht werden sollen. Das Modell wird gemeinsam besprochen, verschiedene Alternativen geprüft und es ist nicht unwahrscheinlich, dass am Ende das ursprünglich vorgelegte Soll-Modell beschlossen wird.

Damit ist die Arbeit des Modellierers aber noch nicht getan. Neben der Verantwortung für die Umsetzung (auf die ich an dieser Stelle nicht eingehen möchte) bleibt die Prozessverantwortung auch über die Umsetzungsphase hinaus noch bestehen. Er ist nun derjenige, der den Prozess im Detail kennt und mindestens bei Fragen zum Ablauf konsultiert wird, nicht selten aber auch zu fachlichen Fragen Stellung nehmen soll. Wieder liegt die faktische Prozessverantwortung beim Modellierer.

Wie kann eine Alternative aussehen?

Der Modellierer sollte in der Kommune als Dienstleister betrachtet werden. Er verfügt über das Wissen die richtigen Werkzeuge richtig anzuwenden. Er beschreibt den Prozess, wägt ab, erarbeitet – im Idealfall mit den Fachleuten vor Ort – Alternativen und legt diese vor. Er steht den Entscheidungsträgern als Berater zur Seite, da er den Gesamtüberblick über den Prozess hat. Er fungiert als Schnittstelle zwischen den beteiligten Fachämtern und der IT, falls diese beteiligt ist. In der Umsetzungsphase kann er die Koordination des Umsetzungsprojektes übernehmen, nicht aber die Projektverantwortung. Nach erfolgter Umsetzung sollte er weiterhin als Berater zur Verfügung stehen. Die kontinuierliche Verbesserung des Prozesses liegt aber in der bestenfalls schriftlich fixierten Verantwortung des Prozessverantwortlichen vor Ort.